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„Vater Kolping lebe hoch!“
(ein Artikel aus dem „Deutsches Handwerksblatt“ Nr. 18 vom 23. Sept. 2010)
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NEU: Im Oktober erscheint in unserem Verlag ein Buch über 22 historische Persönlichkeiten aus dem Handwerk. Einige Porträts drucken wir vorab. Heute: Gesellenvater Kolping.
Noch heute singen sie über seine Taten: „S’war einst ein braver Junggesell, er lebe ewig Hoch, sein Name klingt so, weit so hell. Vater Kolping lebe hoch!“
So beginnt das Kolpinglied. Dabei fing alles ganz unspektakulär an. Als das vierte von fünf Kindern wird Adolph Kolping am 8. Dezember 1813 in Kerpen nahe Köln geboren. Er nennt sich selbst einen wissbegierigen Knaben, mehr als den Besuch der Volksschule kann ihm die Familie aber nicht ermöglichen. „Das Rätlichste war, ein Handwerk zu erlernen, weil dann für mein künftiges Auskommen am besten gesorgt schien.“ Er entschließt sich Schuhmacher zu werden. Arbeit und Bildung widersprechen sich für ihn nicht. In jedem Augenblick liest er. Doch auch die Lehre nimmt er ernst und will sich darin von „niemandem übertreffen lassen“. 1829 macht er seine Gesellenprüfung, ist aber unzufrieden. „Mein Wissen genügte mir nicht, meine Fertigkeiten in meinem Fache schienen mir nach der Vorstellung, die ich davon hatte, nicht hinzureichen“, schreibt er in seinem Lebenslauf. Kolping wandert acht Jahre lang von einer Werkstatt zur anderen, kommt schließlich bei der besten Adresse in Köln unter und ist erschüttert. „Aber noch erbebt mein Inneres, wenn ich an die schrecklichen Tage gedenke, die ich dort mitten unter der Liederlichkeit und Versunkenheit von Deutschlands Handwerksgesellen zugebracht habe.“ Der junge Mann ringt sehr mit sich, wie es weitergehen soll. Im Handwerk will er nicht mehr bleiben, doch sein Berufswunsch liegt in weiter Ferne. Die Theologie hat es ihm angetan. Er holt sein Abitur nach, studiert in München und Bonn. Nach der Priesterweihe tritt er seine Stelle als Kaplan und Religionslehrer in Elberfeld an, das wegen der aufstrebenden Textilindustrie zu den wirtschaftlichen Zentren des Rheinlandes zählte.
Hier macht er schnell Bekanntschaft mit den Schattenseiten der fortschreitenden Industrialisierung: lange Arbeitszeiten, kleine Löhne, geringer Arbeitsschutz. Auch das Handwerk kann sich den negativen Entwicklungen nicht entziehen. Über die Jahrhundert lebten Lehrlinge und Gesellen mit dem Meister und der Familie unter einem Dach, konnten sich beruflich und sozial weiterentwickeln. Damit ist Mitte des 19. Jahrhundert Schluss. „Die Gesellen waren nun außerhalb ihrer Arbeitszeit mehr und mehr auf Herbergen und Wirtshäuser angewiesen, wo sie Unterkunft fanden und ihre freie Zeit verbrachten“, so das Kolpingwerk. Damit die „kostbare Handwerksjugend“ nicht verloren geht, muss etwas geschehen. Eigentlich hatte Kolping vor, sich wissenschaftlich zu betätigen. Dass seine Stärken im sozialen liegen, hat ihm Johann Gregor Breuer vor Augen geführt. Der hatte 1846 in Elberfeld den katholischen Jünglingsverein (später Gesellenverein) ins Leben gerufen. Ziel ist es, dass die jungen Menschen ihr „Leben in allen Bereichen als Christen verantwortlich„ gestalten und somit die Gesellschaft umfassend erneuert wird, so das Kolpingwerk. Geboten wird ein ruhiger Ort, ein „freundlicher, geräumiger Saal“, in dem man gleich gesinnte Kollegen treffen, lesen und lernen sowie „eine unschuldige, harmlose Freude mit seinen Handwerksgenossen“ genießen kann.
Das Konzept geht auf. Anfang der 1850er Jahre gibt es schon Gesellenvereine in 25 Städten, 1865 – Kolpings Todesjahr- sind es über 400 Gesellenvereine, die über den gesamten Erdball verteilt sind. 1991 würdigt die katholische Kirche die Verdienste des gelernten Schuhmachers, indem sie Adolph Kolping selig spricht. „ Wohin Gott den Menschen stellt, dort ist sein Beruf, dort gedeiht er am besten, dort soll er seine Kräfte entfalten“ hat Kolping gesagt. Seinen Platz hat er offenbar im Handwerk gefunden. LOR
BUCHTIPP:
Lorenz / Lotze: Vom Stift zur Legende. 22 historische Persönlichkeiten aus dem Handwerk
ISBN 978-3-86950-088-1, Best-Nr. 10261
http://www.vh-buchshop.de/vom-stift-zur-legende.html#produktdetails